Forschungsprojekt "D(N)achhaltigkeit"
Projektlaufzeit 10/2009 - 06/2010
Zusammenfassung
Aufgrund der exponierten Lage des Daches sind seine Bestandteile hohen Beanspruchungen und Beanspruchungswechseln ausgesetzt. Dachstühle aus Holz erfordern aufgrund der Empfindlichkeit des Materials bei dauerhafter Durchfeuchtung eine laufende Bauwerksunterhaltung, um die Jahrhunderte schadfrei überdauern zu können.
Die UNESCO-geschützte Dachlandschaft der Altstadt von Graz ist nicht nur von hohem ideell-historischen Wert, sondern auch ein Garant für den florierenden Städtetourismus. Aus diesem Grund wird die Erhaltung der historischen Dächer im Grazer Altstadterhaltungsgesetz 2008 und seinen Ergänzungen eingefordert. Die Umsetzung des Projektes "D(N)achhaltigkeit Graz" ist aber auch deswegen von großer Bedeutung, weil durch regelmäßige Inspektion, Wartung und Instandsetzung schwerwiegende Schäden im Bereich der historischen Bausubstanz vermieden und dadurch - mittel- bis langfristig - enorme finanzielle Mittel eingespart werden können. Hinzu kommt die Verantwortung der Liegenschaftseigentümer gemäß ABGB, für die Sicherheit ihrer baulichen Anlagen zu sorgen.
Im Rahmen des Projektes wurden, aufbauend auf den Erkenntnissen der Begehungen und ersten Erfassung einer repräsentativen Anzahl von Dachräumen, Konzepte für die Erfassung des Bestandes und Bauzustandes historischer Dachstühle erstellt. Es wurden allgemein gültige Inspektions- und Wartungspläne für diese Tragwerke ausgearbeitet mit deren Hilfe es möglich ist, Schwachstellen, Mängel und Schäden frühzeitig zu erkennen und ökonomisch wie ökologisch aufwendige Instandsetzungsmaßnahmen zu vermeiden. Weiter wurden für das Inspektionspersonal Schulungsunterlagen zusammengestellt und für den wahrscheinlichen Fall, dass in zahlreichen Objekten bereits Schäden vorliegen, allgemein gültige Sanierungskonzepte und Ausführungsdetails vorgeschlagen.
Die im Rahmen des Projekts "D(N)achhaltigkeit Graz" erstellten Dokumentationen und Konzepte stellen die wesentliche Grundlage für zahlreiche übergeordnete und weiterführende Zielsetzungen dar. Hier ist insbesondere die Untersuchung des Potentials der Wohnraumschaffung in den bestehenden Dachräumen, aber auch der effiziente Umgang mit Energie zu nennen. Historische Objekte zeichnen sich häufig durch einen hohen Heizwärmebedarf aus, welcher häufig aufgrund von Kriterien des Denkmalschutzes nur durch die thermische Optimierung der obersten Geschoßdecke verbessert werden kann. Weiter könnten einzelne Dachflächen für die Nutzung von Solarenergie, konkret vor allem Solarthermie genutzt werden. Außerdem verbessern saubere, regelmäßig gewartete Dachräume auch die hygienischen Randbedingungen einer Stadt.
Zusammenfassend soll mit dem Projekt "D(N)achhaltigkeit Graz" ein Bewußtsein für die Notwendigkeit der Durchführung von Bauwerksunterhaltungsmaßnahmen geschaffen werden und den Ausführenden alle hierzu erforderlichen Werkzeuge in die Hand gegeben werden, um das einzigartige kulturelle Erbe von Graz nachhaltig zu erhalten.
Download des Inhaltes des Forschungsberichtes zum Projekt "D(N)achhaltigkeit Graz":
Inhaltsverzeichnis
Hauptziel
Das oberstes Ziel des Projektes "D(N)achhaltigkeit" bestand darin einen Beitrag für die nachhaltige, langfristige und ökonomisch vertretbare Erhaltung der Ressource "UNESCO-Weltkulturerbe" der Grazer Altstadt, wie auch im Grazer Altstadterhaltungsgesetz zu leisten.
Klaus Fritzen führte dazu angesichts der Katastrophe von Bad Reichenhall aus, dass neben den Holztragwerken des 20. Jahrhunderts auch die Bauwerksunterhaltung historischer Bauten dringend anzuraten ist. Dazu folgendes Zitat:
"Die Bau-Denkmalpflege hat sich zur Aufgabe gemacht, Folgen von Fehlverhalten aus der Vergangenheit, für das niemand mehr haftet, soweit zu beseitigen, dass als erhaltenswert Erkanntes erhalten werden kann. Erstaunlich ist, wie lange gewartet wird, bis Maßnahmen zur Vermeidung von Schlimmerem getroffen werden. Es scheint grundsätzlich gebräuchlich, Wasser an der Traufe von hölzernen Dachkonstruktionen so lange eindringen zu lassen, bis die Fußpunkte der Gespärre ziemlich vollkommen erneuert werden müssen. Das liegt nicht am Holz, und das Wasser ist auch nicht Schuld (sondern mangelhafte bis fehlende Inspektion und Wartung. Anmerkung der Autoren). Wider bekanntes Wissen wird zugewartet, bis die Denkmäler so mangelhaft werden, dass die Wiederherstellung eines ordentlichen Zustandes richtig teuer wird."
Inhalt und Arbeitsschritte
Stufe 1: Literaturrecherche
Zu Beginn des Projektes wurde die vorhandene Literatur zum Thema erhoben und die konkrete weitere Vorgehensweise sachlich und zeitlich mit den Projektpartnern und den Liegenschaftseigentümern abgestimmt. Anhand einer Liste der besonders schützenswürdigen Objekte in der Altstadt von Graz wurde eine repräsentative Anzahl historischer Dachtragwerke ausgewählt und deren Zugänglichkeit sichergestellt.
Um Zugang zu schützenswürdigen Objekten zu bekommen wurden folgende Projektpartner kontaktiert:
- öffentliche Liegenschaftseigentümer
- Bau- und Anlagenamt der Stadt Graz
- Grazer Bau- und Grünlandsicherungsges.m.b.H. (GBG)
- Landesimmobilien-Gesellschaft Steiermark (LIG)
- private Liegenschaftseigentümer
- gemäß dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz (§ 3 (2)) haben diese den Organen der Stadt Graz den Zutritt zu den Dachräumen zu ermöglichen
Stufe 2: Begehung der Objekte
Für die im ersten Arbeitsschritt ausgewählten Dachtragwerke wurde eine Begehung durchgeführt. Diese dient dazu, einen ersten Eindruck des Bestandes zu erhalten und abzuschätzen, ob das konkrete Objekt prioritär zu behandeln ist.
Folgende weitere Fragestellungen bzw. Tätigkeiten wurden im Rahmen der ersten Begehung behandelt:
- Welche Sofortmaßnahmen sind zu treffen? z. B.: Reinigung des Dachraums
- Welches Tragsystem liegt vor: verbale Beschreibung und Skizze eines typischen Haupt- und Leergespärres?
- Welche Schwachpunkte liegen im konkreten Fall vor? baulich (z. B.: innenliegene Rinnen) / statisch-konstruktiv (z. B.: mangelhafte Aussteifung)
- Welche Schäden sind visuell sichtbar? Fäulnis / Insektenbefall / mechanische Brüche usw.
Stufe 3: Inspektions- und Wartungspläne
Aufbauend auf den Erfahrungen und Erkenntnissen der Stufe 2 wurden Inspektions- und Wartungspläne erstellt. In diesen wurde zuerst festgelegt, welche Grundvoraussetzungen für eine Beurteilung der Tragstruktur wie beispielsweise Reinigung, Zugänglichkeit herstellen, Laufstege einbauen, eventuell Notunterstellungen etc. gegeben sein müssen.
Im Rahmen der Inspektions- und Wartungspläne wurden die Intervalle der Überprüfungen, von wem diese durchzuführen sind und auf welche Detailbereiche bzw. Schwachstellen besonders zu achten ist, systematisch dargelegt. Insbesondere bestand das Ziel in Stufe 3 darin ein Muster-Objekttagebuch zu erstellen.
Dieses wurde wie folgt aufgebaut:
- Allgemeine Objektdaten (Lage usw.)
- Spezifische Objektdaten (Erkenntnisse der ersten Begehung)
- Inspektions- und Wartungseinträge (wer hat wann, welche Arbeiten durchgeführt)
Stufe 4: Anforderungskatalog Bauzustandserfassung
In dieser Stufe wurde im Besonderen auf statisch / konstruktiv relevante Schäden, welche im Rahmen der ersten Begehung oder den späteren Bauwerksüberprüfungen erfassbar waren, geachtet. Weiter wurden, falls erforderlich, Bestandserfassungen und Schadensaufnahmen durchgeführt, um die Grundlage für Instandsetzungsmaßnahmen zu schaffen. Abschließend wurde ein Anforderungskatalog mit Mindestkriterien für die Aufnahmen erarbeitet.
Stufe 5: Zusammenstellung von Instandsetzungskonzepten
Als Arbeitsgrundlage für die Planer von allfälligen Instandsetzungsmaßnahmen als auch für die ausführenden Zimmerer wurden in Abstimmung mit dem Denkmalschutz Instandsetzungskonzepte und Standard-Detaillösungen vorgeschlagen.
Stufe 6: Wissenstransfer
Parallel zu den weiteren Stufen wurden die erarbeiteten Erkenntnisse und daraus abgeleiteten Maßnahmen in Form von Präsentationen und Diskussionen den Projektpartnern und den Liegenschafteigentümern zur Verfügung gestellt.
Für jene Personen, welche von den Liegenschaftseigentümern mit den regelmäßigen Inspektionen betraut waren, wurden zusätzlich zum Muster-Objekttagebuch kompakte Schulungsunterlagen für die auszuführenden Arbeiten erstellt.
2. Grazer Holzbau-Sonderfachtagung
„Historisch wertvolle Dachwerke in UNESCO-Weltkulturerbe-Zonen“
Download des Inhaltes der im Rahmen des Projektes durchgeführten 2. Grazer Holzbau-Sonderfachtagung "Historisch wertvolle Dachwerke in UNESCO-Weltkulturerbe-Zonen":
Inhaltsverzeichnis
Eine Buchversion des 2. Grazer Holzbau - Sonderfachtagungsbandes "Historisch wertvolle Dachwerke in UNESCO - Weltkulturerbe - Zonen" kann über das Sekretariat des Institutes für Holzbau und Holztechnologie der Technischen Universität Graz (Frau Hildegard Weißnar, Tel.: +43 316 873-4601, h.weissnar(at)tugraz.at) erworben werden.
Technische Universität Graz - Institut für Holzbau und Holztechnologie
Inffeldgasse 24
A-8010 Graz
Beteiligte Personen:
Univ.-Prof. DI Dr.techn. Gerhard Schickhofer
DDI Andreas Meisel
Kompetenzzentrum holz.bau forschungs gmbh
Inffeldgasse 24
A-8010 Graz
Beteiligte Personen:
DI Gregor Silly
Land Steiermark
A3 - Wissenschaft und Forschung
Geschäftsstelle des Zukunftsfonds
Trauttmansdorffgasse 2
A-8010 Graz
Stadt Graz, Stadtbaudirektion
Ansprechpartnerin: Mag. Daniela Freitag
Bauamtsgebäude, Bahnhofcenter
Europaplatz 20
A-8011 Graz